1989 | Kunstblatt Nr 65 – Unverputzte Wände – lackierter Gips? Szenen aus dem nicht-etablierten Kunstbetrieb
Dorothee Poppenberg
Anders als Sebastian Heiner; als Schüler der HdK spricht er von der Schule als „Schutz- und Entwicklungsraum“. Sie stellt ihm den Arbeitsplatz, vermittelt das Handwerkliche. Zu seinen Bildern sagt er selbst, daß sie einer Traumwelt, einer Märchenwelt entstammen; durch Individualität will er zum Allgemeinen finden. Seine Vorbilder sieht er in Chagall, Beckmann, einigen Vertretern der sogenannten Irrenkunst. Seine Hauptintension ist die Abkehr vom Design. Bühnenatmosphäre zeichnet sie aus; Menschen stellen sich bei ihm weitgehend durch ihre Extremitäten, durch theatralische Gesten dar. Im Dezember zeigt Sebastian Heiner seine Bilder zum ersten Mal in Berlin, bei „exhibit“ in Schöneberg. Als Galeriekonzept schwebt ihm vor, „gemeinsam mit etwas groß zu werden“. Seit Juni 1989 betreibt die WTS-Filmproduktion in ihrem Schöneberge Filmstudio in der Apostel-Paulus-Str. 6a das Galerieprojekt „exhibit“. Anstelle von Dreharbeiten finden in den Produktionsräumen in Zeit zu Zeit Ausstellungen junger, noch unbekannter Künstler statt. Die Finanzierung der „exhibit“-Projekte wird zum Teil durch Vermietung der Örtlichkeit an die Künstler, zum Teil durch Sponsoren ermöglicht. „Bei der Gestaltung der Ausstellung haben die Künstler vollkommen freie Hand. exhibit verfolgt kein Programm. Es geht ausschließlich darum, Künstlern Öffentlichkeit zu ermöglichen. Da „exhibit“ in den Studioräumen der WTS-Filmproduktion und Medienagentur stattfindet, ist eine Zusammenarbeit in den folgenden Bereichen möglich: Die Finanzierung der Kosten für die Vernissage über Sponsoren, die Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit, die Herstellung von Großformatfotos von Bildern und Objekten, eine Videodokumentation der Ausstellung…“, heißt es in einem Werbeprospekt von „exhibit“. Geplant sind nicht nur Ausstellungen mit Berlinern, sondern auch mit amerikanischen Künstlern aus New York für das kommende Jahr.